Dank meiner höheren Macht bin ich nun schon seit acht Jahren trocken im Sinne der AS-Trockenheitsdefinition. Die Zahl Acht habe ich besonders gern, weil sie mich an das Unendlichzeichen erinnert. Und auch wenn ich immer noch lernen muss, was es eigentlich heißt, nur für heute zu leben, erfüllt mich das Programm mit einer Hoffnung, die nicht vergeht, und zwar Tag für Tag neu!
In unserer Literatur heißt es irgendwo, dass der Weg, den wir gehen, kein einfacher ist – und das stimmt! Aber was mir bei meiner Genesung sehr geholfen und mir ganz leichtgefallen ist, war die Schritte-Arbeit mit Hilfe des Buchs „Step into Action“. Ich habe sofort an die Lösung geglaubt und mich in den Genesungsprozess hineingeworfen, voller Vertrauen auf die einfühlsamen und sehr konkreten Anleitungen, die mir mein Sponsor gegeben hat, gestützt auf unsere AS-Literatur.
Nachdem es in meiner Gegend keine Präsenz-Meetings gibt, habe ich meine Tage so strukturiert, dass ich an möglichst vielen Online-Gruppen teilnehmen konnte. Und jedes Mal, wenn es sich ergab, meldete ich mich zu Wort. Dank AS bekam ich so sehr oft Gelegenheit, meine Gedanken mit anderen zu teilen. Dadurch war es für mich sehr erfüllend, zur weltweiten AS-Gemeinschaft dazuzugehören und mich via Internet an verschiedenen AS-Veranstaltungen zu beteiligen wie zum Beispiel an Conventions in verschiedenen Ländern oder an Online-Gesprächsrunden, bei denen es darum ging, Ärzte und Psychologen für unsere Tätigkeit zu begeistern.
Eine Aktivität, die mir besonders gut gefallen hat, war die Teilnahme am ESSAY Recovery Game, also am AUFSATZ-Genesungsspiel. Dabei geht es darum, mit Hilfe von Hilfsmitteln und Werkzeugen, die man Tag für Tag anwendet, positive Gewohnheiten zu erwerben, die nachhaltig zur Genesung beitragen. Die Personen, die an diesem Programm teilnehmen, haben mich mit ihren Zeugnissen immer sehr inspiriert und weitergebracht! Es war ungemein wertvoll zu hören, wie sehr sich ihr Leben verändert hat!
Als ich zum ersten Mal an meinen Charakterschwächen gearbeitet habe, hatte ich das Gefühl, jetzt würde gleich alles nach meiner Pfeife tanzen und das Leben müsste schön werden, und zwar für immer! Aber kaum hatte mich mein Sponsor dafür gelobt, dass ich alle zwölf Schritte durchgearbeitet hatte, musste ich mit einer ganzen Reihe von Herausforderungen kämpfen. Vor allem musste ich mich wieder mit meinem Groll auseinandersetzen. Wie sehr ich mich doch aufregen kann! Aber ich habe den Mut nicht verloren und nicht aufgehört, mein Leben und meinen Willen der Sorge Gottes anzuvertrauen. Allerdings musste ich Maßnahmen ergreifen, um an meinem Zorn nicht zugrunde zu gehen.
Das Vierte-Schritt-Gebet, bei dem es um das Loslassen des inneren Grollens geht, wurde für mich in der Folge genauso wichtig wie das Atmen! Nach und nach wurde ich von meinem Hass auf diejenigen, die ich für meinen Schmerz verantwortlich machte, befreit. Dann übermannte mich plötzlich eine große Angst vor dem Tod, denn erst jetzt spürte ich auf einmal, wie wertvoll mein Leben ist und wie respektvoll ich damit umgehen muss! Diese Erfahrung war überaus beglückend. Vorher hatte ich mein Leben gehasst und war von einer Sucht in die andere gestolpert. Das Geschenk des Lebens hatte ich früher immer verachtet. Einen Sinn im Leben konnte ich nicht erkennen, außer wenn es mir gelang, irgendwo einen Kick zu bekommen.
Bevor ich das Programm kannte, hatte ich Gott immer nur darum gebeten, mich vor Schmerzen und Leid zu bewahren. Er sollte mich aus allem heraushalten, was mühsam und schwierig ist, und gleich in den Himmel hineinheben. Ich wollte nur schöne Dinge erleben und fühlen! Heute gestehe ich mir Schmerz und Leid und die verschiedenen Emotionen, die ich spüre, ein und übergebe sie Gott, damit sie mich nicht überwältigen. Ich muss lernen, mit meinen Gefühlen gut umzugehen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie krank ich werden kann – sogar körperlich krank! –, wenn ich meine Gefühle mit Hilfe von Suchtgedanken und durch mein Suchtverhalten unterdrücke.
Jetzt bitte ich Gott vor allem um Seelenfrieden und darum, dass mein Herz Seine Liebe in sich aufnehmen kann, und zwar so viel wie möglich. Ich bete heute auch um den Mut, das Leben so zu nehmen, wie es eben daherkommt, und auf Kurs zu bleiben, ganz egal, wie groß der Schmerz auch sein mag. Mit der Weisheit, die Gott allen schenkt, die ihn darum bitten, werde ich meinen Charakter weiter verbessern.
Olga S., Alchevsk, Ukraine